Aneignung vom 1., 2. und 3.
Markus Hofer bei Sotheby’s Wien
von Maximilian von Geymüller, 2008
Auktionshäuser sind nicht primär Orte des Innehaltens und der Reflexion. Zwar lassen sich die Exponate vor Versteigerungen für gewöhnlich in aller Ruhe und ohne Hektik besichtigen, der Hauptakt selbst jedoch, die Auktion, bietet wenig Platz für langwierige Gedanken. Die Entscheidungen sind hier längst gefallen. Handeln ist gefragt, rasch und oft spontan – dies bestimmt den Fluss des Geldes und der Artefakte. Die Gemeinsamkeit der solcherart erworbenen Güter: Sie alle haben einen Voreigentümer, viele einen Vor-Voreigentümer, die meisten wohl haben sogar mehr als dreimal den Eigentümer (oder Besitzer) gewechselt. Was im Fachjargon mit Provenienz bezeichnet wird, ruft eine für den Kunsthandel elementare Tatsache ins Bewusstsein: Jedes auktionierte Objekt hat eine spezifische Vergangenheit, seine eigene Geschichte.
May I Have Your History? – so lautet der Titel der derzeitigen Ausstellung des jungen Bildhauers Markus Hofer in den repräsentativen Räumlichkeiten der Sotheby’s-Niederlassung in Wien. Schon seit 2001 werden dort im Rahmen der Projektreihe „Artist Quarterly“ zeitgenössische KünstlerInnen mit unterschiedlichen Strategien und Anliegen (Michael Kienzer, Deborah Sengl u.a.) gezeigt. Markus Hofer, der bei Bruno Gironcoli in Wien studierte, formuliert seine künstlerischen Anliegen plastisch und leitet diese bisweilen unmittelbar vom Ausstellungsort ab. Im gegebenen Fall schöpft er aus dem reichhaltigen Pool von Assoziationen und Begriffen im Zusammenhang mit dem Auktionswesen – jeweilige Ausgangspunkte seiner insgesamt neun Arbeiten sind Kategorien wie Provenienz, Seltenheit und Originalität, allen voran jedoch der essentielle Prozess der Aneignung: Wie im Titel der Schau ablesbar, impliziert die Ersteigerung eines Artefakts nicht nur dessen physische Inbesitznahme, sondern auch die Übernahme und weitere Prägung von dessen individuellem ‚Schicksal‘. Dass Hofer durch die Referenz auf den Ort selbst eine Art Aneignungsvorgang vollzieht, verleiht dem Ausstellungskonzept augenzwinkernde Rafinesse und ruft die Vielfalt der Verweisebenen so mancher Arbeit in Erinnerung. May I Have Your History? etwa kündet unmittelbar von Aneignung: In Wachs, das sich ausgehend von einem Kerzenständer über die gesamte darunter liegende Tischplatte verteilt hat, wurde feinsäuberlich die titelgebende Ausgangsfrage eingestanzt. Der angedeutete Prozess, die langsam fortschreitende Vereinnahmung des Tischs durch die geschmolzene Kerze, verbindet das Objekt allerdings auch auf nonverbal-symbolischer Ebene mit dem Thema der Appropriation.